FLZ Nr. 162 Samstag/Sonntag, 16./17. Juli 2005
Abendmusik im Münster Heilsbronn mit dem Kammerensemble
der "Jungen Fürther Streichhölzer"
Lyrische Tiefe und feinschattierte Dynamik
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Den Nachwuchsmusikern gelang unter
der Leitung von Bernd Müller ernsthafte Interpretation
ohne Show-Posen
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HEILSBRONN Musik kann Gottesdienst sein, kann im sinfonischen
Bereich genauso zur Ehrfurcht und Andacht erheben wie eine Motette.
Besonders wenn das Kammerensemble der Jungen Fürther Streichhölzer,
wie am Donnerstag in der Geistlichen Musik im Münster
abtut, was kindlich ist, Virtuosenallüren und Entertainment-Posen
gänzlich meidet und mit geradezu heiligem Ernst
die Quintessenz der Werke aufzuschlüsseln und zu vermitteln
versucht.
Bernd Müller leitete als Christel Opps Nachfolger
vom ersten Geigenpult aus die 21 jungen Erwachsenen, die etwa
ein Viertel der Gesamtstärke des Nachwuchsorchesters ausmachen.
Schon die Entscheidung, Johann Joachim Quantz
Flötenkonzert G-Dur ohne das zeittypische Cembalo-Kolorit
im Continuo zu spielen, erhellte bereits, wie weit vom Hochbarock
und seiner höfischen Tanzsuite sich die Musik des Berliner
Augusteischen Zeitalters entfernt hatte. Solistin
Mirjam Schier erreichte mit fein schattierter Dynamik und einem
intensiven, fast einer Passion angemessenen Gestus des g-Moll-Ariosos
jene von Quantz selbst definierte rednerische Tiefe, sich
der Herzen zu bemeistern, die Leidenschaften zu erregen oder zu
stillen, und die Zuhörer bald in diesen, bald in jenen Affect
zu versetzen. Die sprudelnden Koloraturen, die Dramatik
und eine unerschöpfliche Fülle kunstvoller Motive wies
die galante Zeit als eigenständigen Höhepunkt
der Musikgeschichte aus.
Den Jungen Fürther Streichhölzern genügte
die Hinzunahme nur dreier Holzbläser, um die Klangwelt der
klassischen Sinfonik erstehen zu lassen. Ein Universum
verdichtete sich im G-Dur-Violinkonzert des 19-jährigen Wolfgang
Amadeus Mozart. Universal auch die Interessen des gleichaltrigen,
aus den USA gebürtigen Solisten John Lidfors, der bereits
preisgekrönt aber im Fach Klavier das Dirigentenstudium
in Wien erstrebt. Ein Allrounder also, der auswendig
spielte und einfühlsame Kadenzen selbst verfasst hatte. Kein
Technikus, dem die Tändelei des Volkslieds Der Straßburger
im Rondo-Finale zärtlich aus der Hand floss, erreichte Lidfors
seinen stärksten Ausdruck in der lyrischen Tiefe und der
großen Kadenz des Adagios.
Bewundernswert war die Präzision und
Lebhaftigkeit, mit der Bernd Müller die Streicher durch Benjamin
Brittens Simple Symphony und insbesondere durch das
Playful Pizzicato führte. Dass der Studentenstreich
Brittens der Reife und Seelentiefe dieses besonderen Ensembles
vielleicht nicht ganz entsprach, machte die Zugabe, Max Regers
Lyrisches Andante mehr als wett. Die innige Violoncello-Kantilene
Benjamin Kolbs ließ aufhorchen. Ein Gebet zum Ende eines
Abends glutvoller lyrischer, fast religiöser Intensität,
welche die Jungen Fürther Streichhölzer entzündeten.
Ganz ohne das gesprochene Wort. Ingo Bathow