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FLZ Nr. 164 Dienstag, 19. Juli 2005

Mozarts "Gans von Kairo" als Freilichtoper in Dennenlohe aufgeführt

Liebeskomödie mit Rokoko-Flair

Klaus Lieb mit seinem Studenten-Ensemble gelang aparte Umsetzung


DENNENLOHE – Mozarts Geist war gegenwärtig, vielleicht weit mehr als im routinierten Salzburg. Niemand studiert heute eine Oper in zweieinhalb Wochen ein, in italienischer Sprache, mit der (Drucker-)Tinte von Klaus Liebs Orchestrierung noch feucht bei der Premiere im Lustgarten des Dennenloher Schlosses. Es sei denn, zieht man ein gewisses Maß an Tollkühnheit außer Betracht, es wirkten Profis mit vom Kaliber von Mozarts eigenen Solisten. Wer die Premiere der modernen Ergänzung von Mozarts „L’Oca del Cairo“, der „Gans von Kairo“ am Sonntag erleben durfte, wird die Mischung aus Naturkulisse, Professionalität und fast aus dem Ärmel geschüttelter Originalität kaum mehr vergessen.

Surrealistisch mutete schon ein Besuch vor der Aufführung im Jagdsaal an – dort sah man eine der renommiertesten Sängerinnen unserer Zeit, Cheryl Studer, nicht beim Einsingen, sondern beim liebevollen Schminken der jungen Künstler, deren Verwandlung auch dank Friseurmeisterin Elfriede Bürger und exquisiter Kostüme aus dem Nürnberger Opernhaus allein verblüffen konnte. Weit überstrahlte jedoch die theatralische Leistung – ganz ohne das Sicherheitsnetz eines Souffleurs – alle Äußerlichkeiten.

Revolutionär wirkte schon als Vorwegnahme mancher Figaro-Thematik das gar nicht zimperliche Textbuch des Weltpriesters Giambattista Varesco mit der Gegenüberstellung Freiheit gegen Autorität, Libertinismus gegen sexuelle Repression, Jugend gegen Alter. Manch neuere Kraftausdrücke kamen hinzu durch Virgilio Mortaris Ergänzungen, der auch den „Exzellenzen-Kult“ der Dreißigerjahre ziemlich subversiv travestierte, um dann am Schluss die Formel für die Versöhnung – „wer mehr weiß, wird verzeihen“ – zu finden.

Die ganze Autorität und Behördenwillkür der Zeit verkörperte völlig dreidimensional, komplett mit allen liebenswerten Charakterschwächen, der Markgraf Don Pippo von Ripasecca (Marco Bappert, Bariton) mit Anklängen an den Grafen Almaviva und einer Glanz-Arie, deren Vision von den 136 Hochzeitskutschen („centotrentasei carrozze“) an das Zahlenspiel in zwei der berühmtesten Mozart-Arien erinnerte.

Italienisch zum Mitschreiben beherrschte ebenso seine Widersacherin, die kokette Zofe Auretta (Regina Reinprecht, Sopran), die virtuos Süßholz raspeln und dabei die Männerwelt fast beängstigend manipulieren konnte. Nicht zuletzt ihren „Freund“ Chichibio (Johannes Green, Bariton), der dank einer heftigen Sommergrippe überzeugend wie ein eifersüchtiger Mazzetto verschnupft reagierte, als sie sich mit dem strahlenden Höfling Calandrino (Sebastian Köchig, Tenor) einen prickelnden Flirt leistete.

Eine starke Partie lieferte auch Calandrinos Geliebte Lavina (Hanna Naujoks, Mezzosopran), die sich als umworbenes Mündel temperamentvoll gegen alle Avancen des Markgrafen zu wehren wusste. Dessen behütetes Töchterchen Celidora (Nina Dörfler, Sopran) durfte ihrem Leid in den süßesten Koloraturtönen Ausdruck geben, dass ihr die Ehe mit dem reichen und gewitzten, aber nicht standesgemäßen Biondello (Thorsten Stammberger, Tenor) verweigert wurde.

Der von der Dramatik her köstlichste Teil, der Einmarsch von Biondello, Calandrino und Lavina in Gewändern einer osmanischen Delegation aus Kairo zu Rufen von „Salamec“ stammt wie fast alle Rezitative nicht mehr aus Mozarts Feder. Die riesige mechanische Gans, in die Biondello mit überirdischen Lauten von „qua, qua, qua“ schlüpfte, um dem verängstigten Markgrafen das Ja-Wort für die drei jungen Liebespaare abzuringen, war ein Entwurf der Volksschule Ehingen nach Entenhausener Vorbild.

Der unbändige Triumph mit Land-Champagner aus der Hand der kleinen Schloss-Zwillinge Emilie und Leopold von Süsskind dauerte nicht lange, bevor der Fürst bereute und die „Verschwörer“ von zwei hünenhaften Wächtern verhaften ließ. Doch nun strömte die gesamte Landbevölkerung herein in Form des von Stefan Hofmann geleiteten „Kammerchores Fränkisches Seenland“, dessen mächtigem Gnadenappell sich kein Landesvater widersetzen konnte.

Einfühlsam begleiteten die 19 Streicher und Cembalistin Elena Lebedeva des „Kammerorchesters Klaus Lieb“, deren Leiter mit Tochter Alida Lieb die Gesamtleitung innehatte. Das Echo vom nahen Schlossweiher erhöhte die Akustik, und die Besuche neugieriger Wildgänse und Eichhörnchen verstärkten den einzigartigen Naturzauber im „Pleasure Ground“ von Dennenlohe. Ingo Bathow

 

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©Network for International Cultural Exchange
2003-2005 /Gans von Kairo
von Ingo Bathow